Medizinisch gesprochen: ohne physiologische und zelluläre Atmung bist Du nicht überlebensfähig. Mit zellulärer Atmung ist die aerobe Gewinnung des aktiven Energieträgermoleküls Adenosintriphosphat (ATP) gemeint, freilich unter der Verwendung von Sauerstoff als Reduktionsmittel. Mit physiologischer Atmung meint man Respiration – also die Leistung des Respirationstrakts (Mund, Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien, Lungenbläschen). Das durch zelluläre Atmung entstandene Kohlendioxid wird gegen Sauerstoff getauscht, während alle Zellen über das Herzkreislaufsystem mit Sauerstoff versorgt werden.
Die Leistung aller Deiner Organe ist unter normalen physiologischen Umständen größtenteils von ihrer Sauerstoffversorgung abhängig. Im Ruhezustand verbraucht dein Herzkreislaufsystem lediglich 5% des absorbierten Sauerstoffs. In Situationen, die körperliche und geistige Aktivierung erfordern, kann sich Deine Herzdurchblutung jedoch bis auf das Fünffache steigern. Die Leistungsfähigkeit Deines Herzens und aller damit verbundenen Parameter ist daher ganz wesentlich von der zellulären und physiologischen Atmung abhängig, die einander auch beeinflussen können.
Je entspannter und rhythmischer Du atmest, desto besser für Deinen Körper. Dies gilt für Deine Atmung am Tag wie auch in der Nacht. Der Nachtatmung aber kommt besondere Bedeutung zu, denn wenn wir schlafen, finden unsere Atmung und unser Herzschlag idealerweise in einen bestimmten Rhythmus, der einem ganzzahligen Vielfachen entspricht. Auf vier Herzschläge kommt beispielsweise ein Atemzug (Verhältnis 4:1), oder anders ausgedrückt: während das Herz 60 Mal schlägt, wird 15 Mal ein- und ausgeatmet. Dieses Phänomen nennt man Respiratorische Sinusarrhythmie, kurz RSA. Im Spektrogramm Deiner HRV-Messung ist die RSA horizontal ablesbar im Bereich von 0,2 bis 0,34 Hz.
Wenngleich der Begriff „Arrhythmie“ etwas Negatives vermuten lässt, ist vielmehr das Gegenteil der Fall: RSA ist ein Jungbrunnen für Körper, Geist und Seele. Der Nachtschlaf ist nicht nur tiefenentspannend, sondern in hohem Maße erholsam – der Körper kann zelluläre Reparaturvorgänge verrichten und wird buchstäblich jede Nacht ein bisschen gesünder.
Auch die Psyche hat einen enormen Einfluss darauf, wie Du atmest. RSA kann durch Emotionen ausgelöst oder unterdrückt werden. So gehen beispielsweise Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen mit deutlich niedriger RSA einher.
Beeinträchigend – sowohl für die HRV als auch die Atmung – sind ebenso Diabetes Mellitus Typ 2 und das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSA), das vorwiegend bei Menschen mit erhöhtem Body-Mass-Index, bei RaucherInnen oder in fortgeschrittenem Alter auftritt.